Jenseits des Preisschilds: Was wirklich auf dem Spiel steht, Tipps für bewusstes Einkaufen und Inspiration für Veränderung

Die Ursprünge der Rabatte

Gehen wir zurück in die viktorianische Zeit. Im Jahr 1866 erhielt das Wort „Sale“ eine neue Bedeutung und wurde plötzlich auch für den Verkauf von Waren zu einem reduzierten Preis verwendet. Wenige Jahre später, am 24. September 1869, brach der gesamte Markt aufgrund eines gescheiterten Versuchs, das Goldangebot zu manipulieren, zusammen. Aktien stürzten um über 20 % ab, zahlreiche Investor:innen verloren ihr Vermögen. Dieser Tag ging als „Black Friday“ in die Geschichte ein.

Heute hingegen ist der Black Friday ein Ereignis, auf das viele regelrecht hinfiebern. Ob aus Spaß am Schnäppchenjagen oder aus finanzieller Notwendigkeit – wir sehen absurde Rabatte, Menschenschlangen vor Geschäften, Rangeleien um Produkte und irritierte Beobachter:innen, die sich fragen, was eigentlich aus unserer modernen Welt geworden ist …

Dabei begann alles recht harmlos: Saisonale Rabattaktionen wie Winter- und Sommerverkäufe waren einst ein sinnvolles Mittel zum Zweck – Lagerbestände abbauen, Kapital freisetzen und Platz für die nächste Kollektion schaffen. Überproduktion galt es zu vermeiden, denn Rabatte bedeuteten geringere Margen oder sogar Verluste. Für Verbraucher:innen, die sich reguläre Preise nicht leisten konnten, boten solche Phasen eine echte Chance – vorausgesetzt, man wusste, was man brauchte, wann man es brauchte und wo man es bekam.

Mit dem Aufstieg des E-Commerce veränderten sich jedoch die Regeln. Plötzlich tauchten Preisreduzierungen unangekündigt auf, Flash-Sales, Exklusivrabatte und Mid-Season-Sales wurden zum Alltag in einem zunehmend überfüllten Markt. Doch der Wettlauf um den niedrigsten Preis führte zu einer ernüchternden Realität: Er ist nicht nachhaltig.

Kund:innen kehren seltener zurück, weil sie nur auf das nächste bessere Angebot warten. Um Margen zu halten, müssen Marken an irgendeiner Stelle sparen – und wie man sich denken kann, trifft es die Lieferkette. Gleichzeitig entwickelte sich bei vielen Konsument:innen die Haltung: „Warum den vollen Preis zahlen, wenn es bald ohnehin reduziert ist?“ Ein verzerrtes Verständnis von fairen Preisen entstand – und eine „buy now, think later“-Mentalität.
Die Jagd nach dem billigsten Preis wurde für Händler wie Kund:innen zur Obsession – mit gravierenden sozialen und ökologischen Folgen.


Kennzahlen – Verschwendung, Verschmutzung, Überkonsum, Belastung der Produktionsketten

  • 2024 erreichte der Black Friday einen neuen Rekord: 74,4 Milliarden US-Dollar Umsatz (+5 % im Vergleich zu 2023).

  • Über 60 % der Käufe wurden mobil getätigt.

  • Black Friday wird inzwischen in 129 Ländern gefeiert.

  • Die Kreditkartenschulden der US-Verbraucher:innen überstiegen 2023 erstmals 1 Billion US-Dollar.

  • Deutschland liegt mit durchschnittlich 317 € Ausgaben pro Kopf an der europäischen Spitze (2024).

  • 80 % der gekauften Produkte landen nach kurzer Nutzung oder ungenutzt im Müll oder in der Verbrennung.

  • 2022 wurden 5,3 Milliarden Handys weggeworfen.

  • Allein die Pakettransporte während des Black Friday verursachten 2024 in Europa 1,2 Millionen Tonnen CO₂94 % mehr als in einer normalen Woche.

  • Rücksendungen steigen um 143 %, erhöhen den CO₂-Fußabdruck enorm und landen häufig direkt auf der Deponie.

  • Beschäftigte entlang der gesamten Kette – Produktion, Lager, Versand – werden in dieser Zeit bis an ihre Belastungsgrenzen gebracht.

  • Amazon-Mitarbeiter:innen streikten bereits fünf Jahre in Folge am Black Friday.


Warum Preisschilder wichtig sind

Dass „billig“ oft Ausbeutung entlang der Lieferkette bedeutet – ökologisch wie sozial –, ist gut dokumentiert. Weniger klar ist hingegen der Umkehrschluss: Ein hoher Preis garantiert längst keine Qualität mehr.

Preise sind überall gestiegen, und interessante Entwicklungen zeichnen sich ab:

Im Luxussegment
Kund:innen beobachten mit Unbehagen, wie Preise ins Absurde steigen, während Service und Qualität stagnieren oder gar sinken. Zahlreiche Fälle – von Schuhen über Taschen bis zu Gürteln – sorgen für Unmut, weil neue Produkte qualitativ nicht mit früheren mithalten können. Die polizeilichen Ermittlungen gegen Dior, die aufdeckten, dass eine 2.600-Dollar-Tasche für lediglich 57 Dollar produziert wurde, sprechen für sich.

Bei konventionellen Marken
Künstlich aufgeblasene Preise, nur um später künstlich große Rabatte gewähren zu können, sind keine Seltenheit. Da Sales für fast jedes Kleidungsstück eingeplant sind, erscheint ein überhöhter Startpreis für viele Händler als logische Strategie – zulasten der Verbraucher:innen.

Seit Beginn unserer Reise mit Lotta Ludwigson setzen wir auf radikale Transparenz. Wir teilen Informationen zu unseren Materialien, Produktionsstätten und Sozialprojekten – und geben für jedes unserer Stücke eine klare Kostenaufschlüsselung an.
Unser Ziel: Das Unsichtbare sichtbar machen. Wertschätzung schaffen – von den Menschen, die ein Kleidungsstück herstellen, bis zu denen, die es tragen.


Wie man wirklich das beste Angebot macht – und was „Bezahlbarkeit“ eigentlich bedeutet

Um es direkt zu sagen: Das beste Angebot hat nichts mit dem Preis zu tun.
Wenn du wirklich sparen willst, gilt ein Grundsatz:

Der beste Deal ist der, den du dir finanziell und mental leisten kannst.

Einen Gegenstand über Budget zu kaufen kann finanzielle sowie psychische Belastungen erzeugen: Sorgen über Raten, Angst, das Teil zu tragen oder zu pflegen, oder am Ende sogar Reue.

Während großer Rabattaktionen tun Marketer alles, um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln – Countdown-Mails, Push-Mitteilungen, Riesenbanner. Kein Wunder, dass 63 % der Menschen spontan kaufen.

Um dem entgegenzuwirken, hilft nur eins: bewusst einkaufen.
Unabhängig vom Budget lohnt es sich immer, das eigene Zuhause, Bedürfnisse und Wünsche ehrlich zu reflektieren. Wer vorausplant, kann klar entscheiden und bewusster konsumieren.


Alternativen

In der bewussten, ethischen Mode sind Rabatte selten – aber es gibt sie manchmal bei besonderen Anlässen. Eines ist jedoch sicher: Ein -70%-Schild wirst du hier nicht finden, denn solche Preissenkungen sind mit nachhaltiger Produktion schlicht unvereinbar.

Laut einer Studie von PA Consulting erwarten 86 % der Verbraucher:innen, dass Marken eine aktive Rolle in der Verbesserung sozialer und ökologischer Bedingungen übernehmen.
„Preis zählt, aber es ist nicht der einzige Faktor. Menschen kaufen bei Marken, die sie verstehen, Freude bereiten und für etwas Größeres stehen.“

Gegenbewegungen wie Green Friday oder Blue Friday möchten auf genau diese Themen aufmerksam machen und zeigen Alternativen auf – vom Boykott über Spendenaktionen bis hin zu Workshops, Reparaturformaten oder einem Tag in der Natur.

Einige inspirierende Beispiele:

  • BlueCity Rotterdam verwandelt am 29. November das ehemalige Tropicana-Wellenbad in ein zirkuläres Kaufhaus – mit Swap, Reparaturen, Upcycling-Workshops.

  • Asket schließt am Black Friday seit Jahren den Online-Shop und bietet ausschließlich Reparaturen an.

  • Patagonia ist seit 2011 Vorreiter: „Buy quality. Shop used. Care & repair.“

  • REI bezahlt seine 15.000 Mitarbeiter:innen dafür, den Tag draußen zu verbringen.

  • Lucy & Yak unterstützt seit 2018 die Fior Di Loto Foundation in Indien beim Schulzugang für Mädchen.

Auch wir bei Lotta Ludwigson bleiben unseren Werten treu – und nehmen nicht am Black Friday teil.
Wir laden unsere Kund:innen ein, innezuhalten, nachzudenken und bewusst in die Jahresendzeit zu starten.

Denn: Der beste Deal ist einer, von dem alle profitieren – die Trägerin, die Hersteller:innen und unser Planet.
Oder wie man so schön sagt: Kaufe gut, kaufe einmal.

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